Sollten Sie mit Ihrem Umfeld über Ihr Buch sprechen?
Sollten Sie mit Ihrem Umfeld über Ihr Buch sprechen? Egal, ob Sie erst in der Phase der Ideensammlung sind oder es bereits schreiben? Die Antwort ist: Kommt darauf an. Denn nicht immer ist es eine gute Idee, anderen davon zu erzählen.
Viele, die eine Idee für ein Sachbuch haben, sind so begeistert von ihr, dass sie anderen gerne von ihr erzählen. Eine nicht ganz unerhebliche Zahl von ihnen lässt die Idee danach aber fallen. Als hätte es sie nie gegeben. War sowieso eine blöde Idee, sagen sie sich. Selbst wenn die Idee grandios war. Wie kann das sein?
Wir möchten anderen von unserer tollen Idee erzählen, weil wir hoffen, dass unser Gegenüber die Buchidee genauso gut findet wie wir. Wahrscheinlich sind wir wohl alle für ein bisschen Bauchpinselei empfänglich. Aber wir denken auch, die Begeisterung unseres Gegenübers für unsere Idee könnte uns noch mehr anspornen. Insbesondere, wenn es sich um jemanden aus unserem engsten Umfeld handelt, erhoffen wir uns auch einige fruchtbare Gespräche. Wir hoffen, dieses Feedback wird unser geplantes Sachbuch nicht nur zu einem guten, sondern zu einem herausragenden Buch machen. Und wir hoffen dazu auf nützlichen Input von unserem Gegenüber.
In der Anfangsphase sind wir besonders unsicher und verletzlich
Wenn nun aber das Gegenüber nicht so reagiert wie wir uns das erhofft haben, beginnen die Probleme. Wir sind zwar erst in der Anfangsphase unseres Buches. Die Idee ist noch sehr frisch, und unsere innere Kritik hatte noch gar keine Zeit, sich an dem aus ihrer Sicht reichlich dummen Zeug abzuarbeiten, das wir uns nun schon wieder ausgedacht haben. Viele glauben, dass sie deshalb noch besonders widerstandsfähig gegen unerwartete, womöglich negative Reaktionen sind.
Aber genau das Gegenteil ist bei vielen der Fall. Reagiert unser Gegenüber nicht wie erhofft, kann es passieren, dass unsere schöne Idee vor unseren Augen zu Staub zerbröselt. Es ist uns nachgerade peinlich, dass wir überhaupt auf so eine blöde Idee haben kommen können. So viele wirklich gute Ideen landen deshalb schon in diesem Stadium in der Tonne.
Denn in dieser Anfangsphase sind wir ganz besonders unsicher und verletzlich, egal wie fantastisch die Idee ist. Wir haben ja erst eine Idee, nicht schon eine ausgeklügelte Argumentation und Beweisführung. Wir müssten schon eine Extremresistenz gegen die Reaktionen anderer entwickelt haben, um sie wegstecken zu können, als sei nichts gewesen. Die meisten von uns, insbesondere Frauen, haben diese Resistenz entweder gar nicht oder sie ist eher unterentwickelt.
Wir interpretieren harmlose Reaktionen als Kritik
Dabei muss die Reaktion unseres Gegenübers gar nicht abwehrend, herablassend, albern oder negativ sein, um uns den Glauben an unsere Idee zu nehmen. Das Perfide ist, dass selbst ein in aller Harmlosigkeit geäußertes „Aha“ oder „Hmhm“ oder eine um einen Bruchteil eines Millimeters gelupfte Augenbraue uns schon vollkommen aus dem Konzept bringen kann. Die müssen alle überhaupt nichts bedeuten. Doch wir interpretieren dies in unserer Unsicherheit als eindeutigen Hinweis darauf, dass unsere Idee bescheuert ist, und verfolgen sie nicht weiter.
Dieser Vorgang ist uns meist gar nicht bewusst. Erst, wenn wir ein paarmal mit Ideen bei jemandem hausieren waren, und wenn wir all die schönen Ideen anschließend nicht weiterverfolgt haben, geht uns vielleicht irgendwann ein Licht auf. Auch mir ging es so.
Über viele Jahre habe ich immer wieder Ideen mit meinem Partner oder einem engen Freund besprochen. Ich hatte das Glück, schon während meines Diplom-Studiums einen Partner zu haben, der mich nach Kräften dabei unterstützte, meine Ideen zu verwirklichen, weil er sie alle toll fand (oder dies zumindest sehr überzeugend behauptete). Nie war ich kreativer als in diesen Jahren.
Auch viele meiner eigenen Ideen sind so in der Tonne gelandet
Nach dem Ende dieser Beziehung hatte ich nicht mehr so viel Glück. Obwohl ich es nun mit sehr viel kritischeren Menschen zu tun hatte, die mich längst nicht so gut kannten wie dieser Ex-Freund, trug ich ihnen mit grenzenloser Naivität und Hoffnung immer wieder meine Ideen vor, weil ich mir ähnlich viel Zuspruch erhoffte. Vernichtende Kritik kam auch von ihnen nicht, aber im besten Fall waren es die eben erwähnten „Ahas“, „Hmhms“ und Augenbrauen. Und fortan landeten all meine schönen Ideen in der Schublade, denn ich ließ mich in meiner wachsenden Unsicherheit zu sehr davon beeindrucken, dass nicht sofort ein „Oh ja, das musst Du unbedingt machen!“ von ihnen kam. Alles, was unter diesem Niveau lag, hieß für mich: Weg mit der Idee, die taugt nichts!
Vor einigen Jahren hatte ich eine richtig gute Idee für ein Sachbuch. Ich bereitete es sehr gut vor, erstellte eine sinnvolle Struktur, legte die Zielgruppe fest und führte all die anderen Arbeiten, die für eine Buchvorbereitung nötig sind, durch. Und dann erzählte ich einem Freund davon.
Er reagierte mittelbegeistert und fragte mich nach dem Titel. Ich nannte ihn ihm (es ist ein fantastischer Titel, das finde ich bis heute), und er antwortete mit skeptischem Unterton: „Hmhm.“ In diesem Moment ging mir auf, wie sehr ich mich durch diese Art von Reaktionen wieder und wieder von all meinen schönen Ideen habe abbringen lassen, von den richtig schlechten wie von den richtig guten. Ich war zu diesem Zeitpunkt 45 Jahre alt … nur für den Fall, dass Sie denken, dass man sich doch sicher nur als junger Mensch so beeinflussen lässt. Ich habe gelernt, dass ein kreativer Kopf lebenslang verletzlich ist.
Was sollten Sie also tun – über Ihr Buch sprechen oder nicht?
Es geht natürlich nicht allen so, die ihre Ideen mit vertrauten Menschen aus ihrem Umfeld besprechen. Manche haben noch nie ein Buch ohne diese frühen Gespräche geschrieben und schwören darauf, dass das die beste Methode sei. Ich kenne allerdings viele Menschen, die sich, genau wie ich, im Anfangsstadium zu sehr verunsichern lassen und ihre Bücher dann doch nicht schreiben.
Wenn Sie nun eine richtig gute Buchidee haben, und unsicher sind, ob Sie mit jemandem über Ihr Buch sprechen sollen oder nicht, würde ich Ihnen Folgendes raten:
Schauen Sie zunächst einmal zurück auf all die Ideen und Vorhaben, die Ihnen in den letzten Jahren oder Jahrzehnten in den Sinn gekommen sind. Mit wem haben Sie darüber gesprochen? Wie waren die Reaktionen? Und was ist anschließend geschehen: Haben Sie Ihre Ideen weiterverfolgt oder fallen gelassen? Daran können Sie schon eine Tendenz ausmachen, ob Sie widerstandsfähig genug gegen unerwartet kritische oder kritisch erscheinende Reaktionen sind oder ob die Sie in Ihrem kreativen Prozess negativ beeinflusst oder sogar gestoppt haben.
Lassen Sie sich nicht so schnell entmutigen!
Sollte sich in der Rückschau kein klares Bild ergeben, wählen Sie jetzt eine Idee, die Sie immer schon mal umsetzen wollten, die Ihnen aber nicht ganz so sehr am Herzen liegt wie Ihre Buchidee. Eine Idee, bei der Sie es verschmerzen könnten, sie ein für allemal in der Schublade zu versenken. Besprechen Sie diese Idee nun mit einer Person, von der Sie sich eine positive, hilfreiche und unterstützende Reaktion erwarten. Und dann beobachten Sie, welche Resonanz Sie von dieser Person erhalten und wie Sie selbst darauf reagieren. Kommt Ihnen Ihre Idee, die Sie bislang für sehr gut hielten, plötzlich ziemlich doof und albern vor? Nicht umsetzbar, völlig unnötig, will ohnehin kein Mensch lesen?
Dann sollten Sie ab sofort entweder gar nicht über Ihr Buch sprechen, bis Sie die Struktur stehen haben und mit dem Schreiben beginnen können. Oder Sie sollten mit Ihrer Buchidee nur noch mit Menschen sprechen, von denen Sie 100%-ig konstruktive Unterstützung und Ermutigung bekommen. Es ist viel zu schade, dass so viele Ideen schon im Anfangsstadium gestoppt werden.
Tun Sie alles, um sich nicht entmutigen zu lassen! Sollten Sie aber doch einmal an den Punkt kommen, an dem Sie glauben, dass es eigentlich keinen Sinn ergibt, Ihre Idee weiterzuverfolgen, dann holen Sie sich einfach einmal professionellen und objektiven Rat bei einem freien Lektor oder einer Coachin. Danach können Sie sie wirklich abhaken … oder eben doch weiterverfolgen!