Warum es manchmal gut ist, wenn Sie aus dem Schreibfluss kommen
Da ist man gerade so schön im Schreibfluss, alles läuft rund und plötzlich – ZACK! – ist man raus aus dem Flow. Ein Alptraum für alle Autor_innen. Und doch kann es auch sein Gutes haben, wenn der Flow unterbrochen wird.
Es ist wie mit dem Urlaub. Endlich ist er da, endlich kann man Sonne, Strand und Meer genießen, auf die man sich schon so lange gefreut hat. Doch kaum ist man angekommen, zack!, gibt es ein Unwetter, der Himmel ist düster, der Sand fliegt nur so über den Strand, und man weiß gar nicht, was man jetzt mit sich anfangen soll. Erholung? Scheint unter diesen Umständen gar nicht möglich.
Der Flow ist der Urlaub beim Buchschreiben. Autor_innen sehnen sich sehr lange danach, und schweben auf Wolke sieben, wenn sie endlich im Schreibfluss sind. Doch genau wie mit dem Urlaub kann es mittendrin passieren, meist völlig unerwartet und ausgerechnet dann, wenn man sich gerade so richtig gut beim Schreiben fühlt: Zack!, und man ist raus.
Die Gründe sind so vielfältig wie individuell
Die Gründe, warum das passiert, sind so vielfältig wie individuell. Vielleicht zieht gerade Ihr Kind aus dem Elternhaus aus, bei der Arbeit gibt es Umstrukturierungen, der Büronachbar ist starker Raucher und hustet permanent, Sie haben einen Preis bekommen oder der Hund ist krank. Egal, ob es etwas Freudiges ist oder etwas Belastendes – beides kann Sie ganz überraschend aus einem Schreibfluss werfen, der vielleicht sogar schon tagelang angehalten hat.
Wir versuchen dann mit allen Mitteln, wieder in den Schreibfluss zu kommen. Es war doch so schön! Es lief doch so gut! Wir haben doch in so kurzer Zeit so viel geschafft! Manchmal schaffen wir es, zumindest weiterzuschreiben, wenn auch nicht mehr im Flow wie zuvor. Und manchmal geht überhaupt nichts mehr.
Wahrscheinlich werden Sie sich dann über sich selbst ärgern, womöglich auch über Ihr Buch, das sich so launisch und schwierig gestaltet. Vielleicht werden Sie anfangen, an sich und Ihren Fähigkeiten zu zweifeln. Vielleicht zweifeln Sie auch an dem Buch, an seinem Sinn und daran, ob es überhaupt irgendwem jemals einen Nutzen bringen könnte, wenn Sie jetzt schon an diesem Punkt versagen, darüber zu schreiben.
Der Schreibfluss ist nicht automatisch gut für Ihr Buch
Wenn Sie es nun aber schaffen, nicht diesen alten Ärger-Mustern zu folgen, dann kann die unerwartete Unterbrechung Ihres Schreibflusses auch etwas Gutes haben. Denn so schön sich der Flow anfühlt, ist er nicht immer gut für Ihr Buch. Im Schreibfluss zu sein kann nämlich auch bedeuten, dass all Ihre schönen Ideen mit Ihnen davongaloppieren. Sie schreiben und schreiben und finden, dass Sie da viele kluge Gedanken und richtig gute Ausdrucksmöglichkeiten gefunden haben.
Treten Sie aber nun, nach Unterbrechung des Flows, ein paar Schritte zurück, bemerken Sie oft, dass Sie in die falsche Richtung galoppiert sind. Dass das alles toll klingt und sehr schlüssig ist – dass Sie sich damit aber auch vom eigentlichen Thema, von Ihrer Struktur oder auch von Ihrer Zielgruppe entfernt haben.
Das muss nicht per se schlimm sein – manchmal tut sich dadurch auch ein neuer Gedankengang auf, der dem Buch und Ihrer Argumentation gut tut oder der zumindest für Ihre Leser_innen eine interessante oder hilfreiche Ergänzung sein kann. Doch häufig ist das, was wir da so wunderbar formuliert und so flüssig heruntergeschrieben haben, zu viel, eine Wiederholung oder sogar in all seiner Schönheit ganz fehl am Platz.
Ertappen Sie sich bei dem Gedanken „Passt nicht, aber klingt doch so schön!“?
Sollten Sie also ganz unverhofft aus dem Schreibfluss kommen und sich darüber ärgern, dass Sie absolut nicht wieder hineinkommen, dann halten Sie einmal inne. Pausieren Sie ganz bewusst und schauen Sie sich Ihr Manuskript noch einmal neu an. Prüfen Sie, ob das Geschriebene wirklich zur Struktur, zum Thema, zum Genre und zur Zielgruppe passt.
Seien Sie dabei, auch wenn es Ihnen vielleicht schwerfällt, ehrlich sich selbst gegenüber. Ertappen Sie sich bei dem Gedanken „Ja, es passt nicht so richtig, aber es klingt so schön/ist so eine schöne Geschichte/ist mir so wichtig!“, dann streichen Sie den Absatz, die Seite, das Unterkapitel komplett. Sie können sich den Text ja in ein anderes Dokument kopieren und dies als Fundus sichern, falls Sie ganz am Schluss doch noch beschließen sollten, den Text zu nutzen (was Sie aber, das kann ich Ihnen jetzt schon sagen, in aller Regel nicht tun werden).
Kill your darlings – auch im Sachbuch
Texte zu streichen, besonders die, die im Flow entstanden sind und Ihnen schon allein deshalb sicher sehr am Herzen liegen, ist wahrlich kein leichter Schritt. Doch das, was in Schriftsteller_innenkreisen „Kill your darlings“ („Bring deine Lieblinge um“) genannt wird, ist auch für Sachbuchtexte ein sehr wichtiger Rat. Er bedeutet, dass man sich leider manchmal von Lieblingssätzen, Lieblingsabschnitten und Lieblingskapiteln trennen muss, weil dies das Buch klarer, präziser und verständlicher macht und es dadurch Ihre Zielgruppe besser bedient.
Pflegen Sie also eine gesunde Skepsis, wenn Sie im Flow sind – und nehmen Sie den Moment, in dem Sie aus dem Schreibfluss herausfliegen, nicht als Ärgernis wahr, sondern als Chance, Ihr Buch zu verbessern.
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