Ich schiebe das Schreiben immer vor mir her – wie kann ich endlich anfangen?
Sie haben eine Idee für Ihr Sachbuch, vielleicht haben Sie es auch schon fix und fertig vorbereitet. Aber irgendwie schaffen Sie es nicht, endlich mit dem Schreiben anzufangen. Was können Sie da tun?
Lassen Sie mich zuerst einmal sagen: Damit sind Sie nicht allein. Die meisten Buchautor_innen sind höchst euphorisch, wenn sie eine Buchidee haben, wenn es vorbereitet ist und wenn sie dann noch einen Verlagsvertrag haben. Und dann geht gar nichts mehr. Sie freuen sich zwar immer noch, und stellen sich das Schreiben sehr nett vor, wie sie im stillen Stübchen sitzen und ihr Buch schreiben, das vielleicht ein Riesenerfolg werden wird. Doch dann schieben und schieben sie das Schreiben vor sich her, und je länger sie schieben, desto weniger Lust zu schreiben haben sie. Sie haben nur noch Lust auf das Ziel: ihr Buch vor einem begeisterten Publikum vorzustellen und anschließend gut bis richtig viel Geld damit zu verdienen.
Nochmal: Damit sind Sie nicht allein. Das kennen wir alle – ich kenne wirklich keine_n einzige_n Autor_in, deren erste Amtshandlung als (angehende) Buchautor_innen nicht das Vor-sich-her-Schieben ist. Aber dieser kleine Trost hilft Ihnen natürlich nicht weiter. Was Ihnen aber weiterhelfen kann, sind die folgenden Tipps.
1. Betrachten Sie das Schreiben als beruflichen Termin
Es ist etwas anderes, sich vorzunehmen morgen mit dem Schreiben zu beginnen oder um 8 Uhr einen Termin zum Schreiben zu haben. Letzteres suggeriert Ihnen die Ernsthaftigkeit dieser Arbeit. Das Problem ist nämlich, dass „Ich schreibe ein Buch“ sich immer so schön leicht anhört. Mal eben hinsetzen und ein paar Sätze aufs Papier bringen, das wird man ja wohl schaffen können. Aber kaum will man wirklich anfangen, dämmert es, dass es sich sehr viel leichter anhört als es ist. Wer sehr pflichtbewusst ist, kann sich aber durch feste Schreibtermine im Kalender schon überwinden sich an den Schreibtisch zu setzen.
2. Planen Sie eine möglichst kleinteilige Struktur
Falls Sie es in der Vorbereitung noch nicht getan haben, sollten Sie es jetzt unbedingt tun: Planen Sie eine möglichst kleinteilige Struktur. Denn häufig liegt das Aufschieben nur daran, dass die Arbeit, die vor uns liegt, wie ein unüberwindbarer Berg erscheint. Mit der kleinteiligen Struktur können Sie sich aber in ganz kleinen Schritten weitertasten. Kleine Schritte sind leichter zu bewältigen und werden Ihnen schneller Erfolgserlebnisse bescheren. Und glauben Sie mir: Sie müssen es sich wirklich nicht schwerer machen als es ohnehin schon ist.
3. Denken Sie nicht an andere
Denken Sie nicht über das nach, was andere vielleicht sagen würden, wenn Sie ihnen jetzt über die Schulter schauen könnten. Lassen Sie sich nicht durch Reaktionen irritieren, die nur in Ihrem Kopf stattfinden, aber mit großer Wahrscheinlichkeit nie Realität werden. Das zermürbt Sie nur und sabotiert Ihren Fortschritt nur noch weiter. Mehr darüber, wie Sie Ihre Selbstzweifel überwinden, können Sie hier nachlesen.
4. Schreiben Sie drauflos, überarbeiten Sie später
Ein zu großer Perfektionismus führt oft dazu, dass wir schon im ersten Absatz hängenbleiben, weil er einfach nicht sitzt. Dann schreiben wir ihn um, wieder und wieder, korrigieren ständig etwas und werfen dann doch am Ende frustriert hin. Damit wird das Anfangen am nächsten Tag nicht nur sehr viel schwerer. Ihr Text wird auch unzusammenhängend und holperig. Schreiben Sie deshalb die erste Fassung drauflos und heben Sie sich das Überarbeiten ganz bewusst für später auf. Es läuft Ihnen nicht davon. Trauen Sie sich ruhig, in der ersten Fassung auch mal richtig schlecht zu schreiben. Sie haben ja die Gewissheit, dass Sie es später korrigieren können. Wenn Sie schreiben, sollten Sie schreiben, sonst nichts.
5. Hören Sie auf, wenn Sie gerade im Fluss sind
Ja, ganz richtig gelesen: Hören Sie auf, wenn Sie gerade im Fluss sind oder zumindest ein gutes Gefühl haben. Denn wenn Sie mit einem richtig guten Gefühl aufhören, wird es Ihnen ganz leicht fallen, beim nächsten Mal wieder dort anzuknüpfen. Hören Sie stattdessen mit einem schlechten Gefühl auf oder werfen hin, wenn gerade mal wieder überhaupt nichts klappt, dann steigt Ihr Widerwille, sich am nächsten Termin wieder an Ihr Manuskript zu setzen, nur noch weiter. Tun Sie sich das nicht an, sondern hören Sie immer mit einem positiven Gefühl auf.
6. Motivieren Sie sich mit etwas Schönem
Bevor Sie sich an den Schreibtisch setzen, können Sie sich mit etwas Schönem motivieren. Ob das die Aussicht auf ein Stück Torte nach dem geschafften Unterkapitel ist, ein Spaziergang vorab, ein Ritual (z. B. Teekochen, Schreibtisch aufräumen, warme Decke umwickeln, passende Musik einschalten) oder etwas anderes Schönes – lassen Sie sich davon inspirieren und anregen zu Schreiben. Je öfter Sie das richtig zelebrieren, desto eher verknüpfen Ihre Synapsen das Schreiben mit etwas Positivem, und desto leichter fällt Ihnen das Schreiben.
7. Schalten Sie alle Ablenkerchen aus
Meine beste Schreibzeit ist der frühe Vormittag. Wenn ich aber den Fehler mache, ausnahmsweise als erstes meine E-Mails abzurufen, dann ist der Weg nicht weit zum „mal eben kurz die Schlagzeilen des Tages lesen“, und prompt hänge ich eine halbe Stunde bei Facebook an oder bezahle schnell noch ein paar Rechnungen und bestelle bei der Gelegenheit ein paar neue Bücher. Meine ganze schöne Schreibenergie ist mit diesen Dingen verpufft, die ich eigentlich für den Nachmittag oder das Wochenende vorgesehen habe. Denn das Schreiben wird mir nach einem solchen Auftakt zur Qual, weil ich mich nicht mehr richtig konzentrieren kann.
Wenn Sie solche Ablenkungen auch gut kennen, schalten Sie sie konsequent ab: keine E-Mails, kein Internet, keine Telefonate, Handyklingeln und -vibrieren aus – alles, was Sie ablenken könnte, sollten Sie ausstellen. Und wenn Ihnen das bunte Geflimmer Ihres Desktops rechts und links vom Buchdokument zu viel Ablenkung ist, dann nutzen Sie ein ablenkungsfreies Schreibprogramm wie z. B. Scrivener. Aber auch Hunger und Durst können Sie schnell ablenken, Müdigkeit oder drängende Termine – sorgen Sie auch dafür vor, bereiten Sie alles so gut vor, dass Sie wirklich die Chance haben sich auf Ihr Buch zu konzentrieren.
8. Berichten Sie anderen (nicht) von Ihren Fortschritten
Manchen Menschen hilft es, anderen von ihren Fortschritten zu erzählen. Sie fühlen sich durch deren fragende Blicke oder aufmunternden Worte motiviert weiterzumachen. Anderen wiederum kann so ein fragender Blick das gesamte Buch verhageln. Wenn Sie wissen, wie Sie auf das Feedback anderer reagieren, berichten Sie ihnen (nicht) von Ihren Fortschritten. Und setzen Sie sich anschließend wieder an den Schreibtisch.
Sollten Ihnen diese Tipps fürs Schreiben noch nicht ausreichen, finden Sie einige weitere auch in „Die 50-20-50-Methode“, „Den inneren Schweinehund überwinden“, „Selbstmotivation beim Schreiben“ und „Sie stecken fest? Mit diesen Tipps kommen Sie wieder ins Schreiben“.
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