Schadet Selfpublishing Ihrem Buch oder Ihrer Karriere?
Bislang veröffentlichten viele Fachleute ihre Sachbücher über Verlage. Doch spätestens seitdem sogar einige seriöse Verlage von ihren Autor_innen Geld verlangen, um ihre Bücher zu veröffentlichen, wird Selfpublishing für viele eine realistische Alternative. Aber schadet Selfpublishing Ihrem Buch oder Ihrer Karriere?
Ein Verlag ist dazu da, Ihr Buchmanuskript veröffentlichungsfähig zu machen und es dann zu veröffentlichen, zu vermarkten und in den Handel zu bringen. Verlage tun dies zunächst auf eigene Kosten, d. h. wenn sie ein Buch für wichtig und gut halten, nehmen sie das Risiko auf sich, dass das Buch ein Flop wird und sich die Investition für sie nicht auszahlt.
Dieses Risiko gehen Verlage ein, weil sie aufgrund einer Mischkalkulation andere Bücher im Programm haben, die besser laufen und die Verluste der gefloppten Bücher wieder ausgleichen können.
Nicht nur der Verlag – auch Sie gehen ein Risiko ein
Sie als Autor_in gehen aber ebenfalls ein Risiko ein, nämlich, indem Sie Ihr Buch einem Verlag anvertrauen. Nachdem Sie viele Monate Arbeit und Ihr ganzes Fachwissen in dieses Buch investiert haben, ohne dafür bezahlt zu werden, müssen Sie nun dem Verlag vertrauen, Ihr Buch wirklich bestmöglich aufzubereiten und zu vermarkten. Für diese Arbeit treten Sie 90-95% der Bucheinnahmen an den Verlag (und den Buchhandel) ab. Sie selbst bekommen für all Ihre Arbeit nur Tantiemen in Höhe von 5-10%.
Dennoch haben Sie bei Verlagen häufig wenig bis gar kein Mitspracherecht und schon gar nicht das letzte Wort. Über Inhalte, inhaltlichen Aufbau, Layout, Cover und die Marketingstrategie entscheidet meist der Verlag. Der entscheidet auch, ob Ihr Buch angemessen beworben wird oder „unter ferner liefen“ in der Masse untergeht. In den meisten Fällen aber müssen Sie fast das gesamte Marketing für Ihr Buch selbst übernehmen. Ihre Tantiemen bleiben dennoch gleich.
Alles, was Sie ganz sicher davon haben, ist also, dass Ihr Buch professionell lektoriert wurde, ein professionelles Layout und Cover bekommen hat und bei einem mehr oder weniger renommierten Verlag erschienen ist.
Manche Verlage verlangen auch noch Geld, um Ihr Buch zu veröffentlichen
Mittlerweile verlange aber manche Verlage, dass Sie noch Geld mitbringen müssen, um überhaupt unter deren Namen veröffentlichen zu dürfen. Doch das ist ein Geschäftskonzept, das Autor_innen wie Leser_innen hinters Licht führt. Denn hat ein Verlag bereits ein Renommee, gehe ich als Leserin selbstverständlich davon aus, dass jedes neue Buch die inhaltlich wie textlich dieselbe hohe Qualität hat und dieselben Hürden überwinden musste wie alle anderen Bücher zuvor. Und nicht, dass einfach nur die Autor_innen genügend Geld bezahlt haben. Früher nannte man dieses Modell Druckkostenzuschuss-„Verlag“.
Viele Autor_innen haben deshalb damit begonnen, ihre Bücher selbst zu verlegen. Andere wiederum zögern noch, das zu tun. Nicht nur müssen Sie alles, was damit zusammenhängt erst einmal lernen. Sie haben auch Angst, dass das Selfpublishing ihrem Buch und ihrer Karriere schaden könnte.
Bereits Goethe hat seine Werke selbst verlegt
Tatsächlich genoss das Selbstverlegen viele Jahre keinen guten Ruf, obwohl doch schon Johann Wolfgang von Goethe seine Werke selbst verlegt hat. Dennoch schauten viele von ihrem selbst gezimmerten Podest auf Selfpublisher_innen herab und behaupteten, die habe doch einfach nur kein Verlag gewollt. Als wäre das im 21. Jahrhundert wirklich noch ein Zeichen für einen Mangel an Qualität.
Selbstverlegte Bücher können nämlich Verlagsbüchern längst das Wasser reichen. Heute sind Selfpublisher_innen auch ganz selbstverständlich auf den Buchmessen vertreten. Die Leipziger Buchmesse würdigt sie seit 2013 mit einem Preis (einen der ersten habe ich für mein Porträtbuch „Hannover persönlich“ erhalten). Sogar der Buchhandel entdeckt nach und nach, dass man mit ihren Büchern Geld verdienen kann. Und erstaunlich viele selbstverlegende Autor_innen können tatsächlich von ihren Büchern leben.
Der Wert eines Buches bemisst sich nicht am Renommee eines Verlags
Die einzigen, die jetzt noch über Selfpublisher_innen lächeln, sind zum einen Verlage, die die Digitalisierung verschlafen haben und sich aus lauter Angst vor der rapide wachsenden, verlagsunabhängigen Konkurrenz in die Arroganz retten. Zum anderen sind es ein paar Verlagsautor_innen und Journalist_innen, die den Wert eines Buches für seine Leser_innen ausschließlich am Renommee des Verlags festmachen.
Aber damit zeigen sie nur, dass sie von Leser_innen wenig Ahnung haben. Denn denen ist es in der Regel piepegal, wo ein Buch erschienen ist. Die Hauptsache ist für die meisten, dass Sie die angegebene Expertise auch wirklich haben, dass Ihr Buch inhaltlich und sprachlich von überzeugender Qualität ist, dass es ihre Fragen beantwortet und ihnen inhaltlich ein Vielfaches dessen zurückgibt, was sie dafür bezahlt haben.
Ein selbstverlegtes Buch schadet Ihrer Karriere keineswegs
Ist Ihnen selbst der Name eines Verlags und sein Renommee sehr wichtig, dann sollten Sie versuchen, Ihr Buch dort veröffentlichen zu lassen. Hängt Ihre Karriere ausschließlich von ein paar bornierten Verlagsautor_innen ab, die aus lauter Neid womöglich negative Amazon-Rezensionen verfassen werden, dann sollten Sie das mit dem Selbstverlag eher sein lassen.
Sind Ihnen aber Ihre Leser_innen wichtig, ist es Ihr Ziel, diesen Leser_innen das bestmögliche Buch zu bieten, das all Ihre Expertise und Ihre Erfahrung hervorbringen kann, dann können Sie getrost im Selbstverlag veröffentlichen. Es dürfte Ihrer Karriere nicht schaden, solange Ihr Buch dem Qualitätsstandard entspricht, den Ihre Leser_innen erwarten.
Ja, Sie werden viel Arbeit mit dem Selfpublishing haben, denn Sie müssen sich nun selbst um Lektorat, Korrektorat, Layout und die Covergestaltung kümmern. Sie müssen Ihr Buch selbst für Ihre Zielgruppe erhältlich machen und vermarkten. Doch für all das gibt es längst sehr gute Angebote und viele freie Profis, die Ihnen dabei unter die Arme greifen können. Und am Ende verbleiben Ihnen nicht mehr nur 5-10% des Nettoverkaufspreises Ihres Buches, sondern 30-70%.