Warum Sie spazieren gehen sollten, wenn Sie ein Buch schreiben

Warum Sie spazieren gehen sollten, wenn Sie ein Buch schreiben (Foto & Grafik: Birte Vogel)

Wer ein Buch schreibt, sitzt dafür in der Regel an einem Tisch, auf dem Sofa mit dem Laptop auf dem Schoß oder steht an einem Schreibpult. Und manchmal ist es eine Mischung aus allen dreien. Doch schon Nietzsche war fest davon überzeugt: „Alle wahrhaft großen Gedanken kommen einem beim Gehen!“ Aber stimmt das wirklich?

Ich liebe es, spazieren zu gehen. Sie auch? Schon als Kind bin ich sonntags mit meinem Vater entweder zum Bahnhof gelaufen (dort stand der einzige Briefkasten der Stadt mit Sonntagsleerung) oder durch einen der vielen Wälder im Siegerland. Und auch wenn ich es zeitweise gehasst habe: die täglichen drei Kilometer Fußweg zur Schule und zurück haben mich genauso geprägt. Deshalb gehe ich auch heute noch fast täglich spazieren. Und schreibe ein Notizbuch nach dem anderen mit Ideen voll.

Spazierengehen bringt mich immer auf neue Ideen

Es ist nicht so, dass es mir bislang an Ideen gemangelt hätte. Im Gegenteil. Aber inzwischen kommen sie in einem so stetigen Fluss, dass zwanzig Leben nicht ausreichen würden, um sie alle in Wort und Tat umzusetzen. Und das hat mich schon ein bisschen gewundert, denn früher hatte ich nie so viele gute Ideen.

Erst dachte ich, das läge an der Natur an meinem Wohnort und dem Gefühl, das sie mir immer wieder gibt. Bis ich zufällig auf die Studie von Marily Oppezzo und Daniel L. Schwartz von der Stanford University stieß. Sie stellten fest, dass gar nicht unbedingt die Umgebung stimulierend auf den Ideenfluss, das kreative Denken wirkt, sondern tatsächlich vor allem der Vorgang des Gehens.

Ihre Proband:innen saßen oder gingen auf einem Laufband in irgendeinem geschlossenen Raum, während sie Ideen zu einer ganz bestimmten Aufgabe sammeln sollten. Die Ergebnisse waren sehr deutlich:

Wer nur saß, entwickelte wesentlich weniger kreative Ideen als jene, die zuerst gingen und dann saßen. Den stärksten Zuwachs an kreativen Ideen verzeichneten aber jene, die gar nicht saßen, sondern nur gingen. Im Durchschnitt verbesserte sich das kreative Denken während des Gehens bei fast allen Proband:innen um 60%.

Und es wird noch besser: Frühere Studien haben gezeigt, dass andere Arten von Bewegung keinen ähnlich hohen Effekt auf die Kreativität hatten. Teilweise wirkten sie sich bei untrainierten Menschen sogar kontraproduktiv aus. Und nicht zuletzt zeigte sich, dass sich der Effekt des Gehens auf die kreative Ideenfindung im Laufe der Zeit auf einem gleichbleibenden Niveau hält.

Spazieren gehen und Buch schreiben: So holen Sie das Optimum heraus

Wichtig ist aber, wie eine weitere Studie zeigte, dass Sie frei gehen, nicht nur auf eingeschränktem Areal oder vorgegebenen Wegen. Wenn Sie also ein Buch schreiben, dann gehen Sie unbedingt ganz oft spazieren. Aber nicht einfach so ins Blaue. Marily Oppezzo erklärte 2017 in ihrem TED-Talk, wie Sie das Optimum für Ihre Kreativität und Ihr Buch aus Ihrem Spaziergang  herausholen:

  • Nehmen Sie ein spezifisches Thema mit auf den Spaziergang oder eins, für das Sie Ideen sammeln wollen.
  • Wählen Sie eine Bewegung, die Sie nicht von diesem Thema ablenkt (bspw. normales Gehen statt Joggen oder Fahrradfahren).
  • Sammeln Sie den ganzen Spaziergang über Ideen, bleiben Sie nicht an der erstbesten hängen.
  • Schreiben Sie die Ideen nicht auf, sondern nehmen Sie sie beim Gehen auf (z. B. über die Sprachapp Ihres Smartphones).
  • Laufen Sie nicht zu lange.

Das scheint mir ein perfektes Begleitprogramm für Autor:innen zu sein, egal, ob Sie noch über Ihr Thema nachdenken, ob Sie Ihr Buch gerade planen oder ob Sie bereits schreiben. Ich wünsche Ihnen jedenfalls viel Erfolg dabei und viele schöne Spaziergänge!