Wie viel Recherche ist für ein Sachbuch nötig?
Sie sind ja Expert_in auf Ihrem Gebiet – da braucht es doch eigentlich gar keine Recherche zum Thema, wenn Sie ein Buch schreiben, oder? So einfach ist es leider nicht. Aber wie viel Recherche ist für ein Sachbuch wirklich nötig?
Welche Art von Recherche und wie viel Sie benötigen ist immer davon abhängig, was für ein Buch Sie veröffentlichen. Stellen Sie eine von Ihnen entwickelte Methode vor, werden Sie wahrscheinlich etwas weniger Recherche benötigen als wenn Sie eine Biografie oder ein politisches Sachbuch schreiben.
Doch nötig ist Recherche in jedem Fall. Aber weshalb? Und welche Recherche sollten Sie überhaupt vornehmen?
Lernen Sie die Bedürfnisse Ihrer Zielgruppe kennen
Eine Ihrer ersten Recherchen, wenn Sie ein Buch schreiben, sollte Ihren zukünftigen Leser_innen gelten, Ihrer Zielgruppe. In der Vorbereitung haben Sie diese Zielgruppe bereits festgelegt und beschrieben. Das allein genügt aber nicht.
Sie sollten dann noch herausfinden, welche Bedürfnisse Ihre Zielgruppe hat, die Sie mit diesem Buch stillen könnten. Wonach suchen Ihre Leser_innen – nach einer Schritt-für-Schritt-Anleitung? Oder vielleicht eher nach einem Arbeitsbuch? Benötigen sie für die Lösung ihrer Probleme eher einen Ratgeber oder suchen sie nach einem biografischen Text, der sie inspirieren kann?
All das können Sie nur herausfinden, wenn Sie Ihre Zielgruppe direkt befragen oder Sie, falls Ihre Zielgruppe aus Ihren Kund_innen besteht, auf Ihre langjährigen Erfahrungen mit diesen Menschen zurückgreifen. Das ist aber nicht etwas, das Ihnen innerhalb von zwei Sekunden einfällt – greifen Sie dafür auf das Feedback Ihrer Kund_innen, ihre Bewertungen, ihre Beschwerden, ihre Anfragen und Ihre gemeinsamen Gespräche zurück, um sich ein Bild von ihren Wünschen und Bedürfnissen machen zu können.
Prüfen Sie, was Ihre Konkurrenz schreibt
Ob Sie Ihr Buch über einen Verlag oder im Eigenverlag veröffentlichen möchten: Sie sollten in jedem Fall wissen, was Ihre Konkurrenz geschrieben hat. Recherchieren Sie im stationären und Online-Buchhandel und schauen Sie in den einschlägigen Verlagen, was Ihre Kolleg_innen bereits rund um das von Ihnen gewählte Thema veröffentlicht haben.
Auf diese Weise können Sie sie gegebenenfalls zitieren oder sich auf sie beziehen. Und Sie können ausschließen, dass Sie mehr oder weniger das Gleiche schreiben wie Ihr_e ärgste_r Konkurrent_in.
Wählen Sie die passenden Inhalte aus
Durch eine angemessene Recherche erhalten Sie einen besseren Gesamtüberblick über Ihr Thema. Sie finden Blickwinkel, die Ihnen so vielleicht gar nicht eingefallen wären. Vielleicht finden Sie auch konträre Meinungen und Standpunkte, über die Sie in Ihrem Buch diskutieren und sich so klarer positionieren können.
In jedem Fall kann eine gute Recherche Ihre Inhalte eindeutig bereichern und Ihnen dabei helfen, genau die richtigen, passenden Inhalte für Ihr Buch auszuwählen. Das, was Sie schreiben, wird außerdem weniger einseitig klingen und kann Ihren Leser_innen ein umfassenderes Bild vom Thema vermitteln.
Bringen Sie sich auf den neusten Stand der Forschung, Diskussion und Erkenntnisse
Selbst wenn Sie Expert_in auf Ihrem Gebiet sind, kann es immer sein, dass Sie die aktuellen Diskussionen nicht verfolgt haben. Vielleicht waren Sie in den letzten Jahren zu sehr mit dem Aufbau oder Erhalt Ihres Unternehmens beschäftigt, um sich detailliert mit den neusten Forschungen und Erkenntnissen rund um Ihr Thema zu beschäftigen.
Eine Recherche kann da Abhilfe schaffen. Denn damit vermeiden Sie, ein Buch zu schreiben, das eigentlich von gestern ist, weil es den aktuellen Stand der Dinge nicht mit einbezieht.
Beziehen Sie sich auf Fachliteratur
Ihren Argumenten können Sie immer etwas mehr Gewicht geben, wenn Sie in Ihrem Buch schreiben können: „Expert_in Sowieso hat dazu in dem Fachbuch/der Studie »XYZ« das und das gesagt“. Das macht Ihre eigenen Aussagen und Standpunkte nicht weniger wichtig. Aber es zeigt, dass Sie sich mit Ihrem Thema auseinandergesetzt haben, dass Sie auf dem neusten Stand sind und dass Sie ggf. auch souverän genug sind, sich mit den Positionen der Konkurrenz auseinanderzusetzen. Schließlich haben Sie Ihre Standpunkte und Forschungen nicht auf luftleerem Raum aufgebaut, sondern auf dem, was andere vor Ihnen erarbeitet und erforscht haben. Machen Sie das ruhig transparent für Ihre Leser_innen – dadurch werden Sie auch an Glaubwürdigkeit gewinnen.
Ihre Daten und Fakten müssen stimmen
Es ist ja immer so eine Sache mit den Daten und Fakten. Ich hätte z. B. schwören können, dass ich mit drei Jahren an einem sommerlichen Nachmittag von einem PKW überfahren worden bin. Hätte ich eine Autobiografie geschrieben, hätte ich das auch genau so darin erwähnt. Fakt ist aber: Ich war viereinhalb Jahre alt, es war ein schneeglatter Morgen im Januar, und der Fahrer fuhr einen VW-Bus. Herausbekommen habe ich das aber erst durch eine Recherche: Mein Vater hat zunächst in seinen alten Taschenkalendern gestöbert, in denen er alle wichtige Daten festgehalten hat. Anschließend erhielt ich aus dem Archiv der Lokalzeitung noch den dazugehörigen Zeitungsartikel.
Nun mag es für Sie nicht so wichtig klingen, ob da nun „drei Jahre alt“ steht oder „viereinhalb Jahre“, „PKW“ oder „VW-Bus“, „Sommer“ oder „Winter“. Doch machen Sie sich unglaubwürdig, wenn die Daten und Fakten in Ihrem Sachbuch nicht stimmen. Dabei ist es ganz egal, ob Sie eine Autobiografie schreiben, einen Ratgeber oder ein Arbeitsbuch.
Gerade habe ich bspw. ein Reise-Sachbuch gelesen, in dem ich mehrmals über falsche Aussagen gestolpert bin, die die Autorin mit minimalster Recherche hätte vermeiden können. Wenn jemand so wenig Wert auf korrekte Daten legt, dann zieht man natürlich automatisch negative Rückschlüsse auf die Dienstleistungen der Autor_innen.
Sie mögen Ihr Buch also noch so gut schreiben und Sie mögen die größte Koryphäe überhaupt auf Ihrem Gebiet sein – wenn Sie sich aber nicht die Mühe machen, alle Daten und Fakten zu überprüfen, auch die, auf die Sie schwören könnten, kann das schnell geschäftsschädigend für Sie werden.
Zitieren Sie korrekt
Ähnlich verhält es sich auch mit Zitaten. Sie müssen Zitate grundsätzlich überprüfen. Auch, wenn es sich um allgemein gebräuchliche Zitate handelt, von denen alle sicher sind, Soundso habe das einmal gesagt. Es wird z. B. bis heute der französischen Königin Marie Antoinette nachgesagt, sie habe den Ärmsten der Armen in selbstherrlicher Arroganz geraten, sie sollten halt Kuchen essen, wenn sie kein Brot hätten. Würden alle, die diesen Satz „zitieren“ nur einmal kurz recherchieren, wüssten sie, dass es überhaupt keine Beweise dafür gibt, dass Marie Antoinette ihn je gesagt hat. Ein Zitat aber nur seiner Wirkung wegen zu nutzen, selbst wenn es so nie gesagt wurde, macht Sie sehr unglaubwürdig.
Zum anderen gibt es Zitate, die sehr kostspielig werden können. Denn nicht alle Zitate von Menschen, die länger als 70 Jahre tot sind, dürfen Sie so einfach für Ihr Buch nutzen. Eins der bekanntesten Beispiele sind die Zitate des Komikers Karl Valentin – die Nutzung seiner Zitate kann Sie mehrere Hundert bis mehrere Tausend Euro kosten.
Aber nicht nur bei historischen Zitaten müssen Sie aufpassen. Auch bei aktuellen Zitaten müssen Sie recherchieren, wer es in genau welchem Wortlaut gesagt hat. Denn vieles wird aus dem Zusammenhang gerissen, verzerrt, verkürzt und sinnentstellt wiedergegeben – und das kann für Sie ziemlich teuer werden. Zum einen verlieren Sie auch hierbei an Glaubwürdigkeit. Zum anderen könnten noch lebende Personen Sie wegen Rufschädigung verklagen. Und nicht zuletzt werden Sie bei manchen Zitaten erst einmal eine Genehmigung der Zitatgeber_innen für die Nutzung in Ihrem Buch einholen müssen.
Wie viel Recherche ist nötig?
Sie sehen, es gibt genügend Gründe für eine saubere Recherche. Sie sollten sie bei der Arbeit an Ihrem Buch auf keinen Fall vernachlässigen. Wie viel Recherche Sie vornehmen sollten, wann Sie ausreichend recherchiert haben und wann Sie doch besser noch einmal nachrecherchieren sollten – das können aber nur Sie selbst wissen. Es gibt dafür leider keine Richtwerte, außer: Recherchieren Sie so viel wie nötig.
Ja, ich weiß, das ist nicht so hilfreich. Was Ihnen aber helfen kann, ist ein Gespräch mit jemandem vom Fach, z. B. mit mir. Gemeinsam könnten wir Ihr Thema und Ihre Zielgruppe so genau eingrenzen, dass Sie bei der anschließenden Sichtung Ihrer Recherche-Materialien sagen können: Ja, jetzt reicht’s. Und dann werden Sie wahrscheinlich nur noch ein paarmal etwas nachschlagen müssen, wenn Ihnen beim Schreiben eine neue Idee kommt, ein neues Zitat oder ein neuer Fachartikel über den Weg läuft oder Sie Ihr Manuskript überarbeiten und noch ein paar lose Fäden verknoten wollen.
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